Handwerk wendet sich mit einer Kampagne gegen den Fachkräftemangel und fordert zum Umdenken auf
Mit einer bundesweiten, seit 7. Februar 2022 laufenden Imagekampagne ruft das Handwerk mit Blick auf den Fachkräftebedarf mit einer provokanten Frage zu gesellschaftlichem Umdenken auf: »Handwerk liegt in der Natur des Menschen. Was hindert so viele daran, es zum Beruf zu machen?« Der deutsche Handwerkskammertag und der Zentralverband des deutschen Handwerks geben zu bedenken, dass die großen Zukunftsaufgaben, vor denen unsere Gesellschaft steht, nur mit Handwerkerinnen und Handwerkern bewältigt werden können, die die Vorhagben praktisch umsetzen: Klimaschutz, Digitalisierung, Modernisierung der Infrastruktur, Wohnungsbau sowie ressourcenschonendes Leben und Arbeiten allgemein.
Fachkräftesicherung ist daher nicht weniger als eine Frage von Zukunftssicherung und Wohlstandssicherung in unserem Land. (Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks; Bild: ZDH/Boris Trenkel)
Große Sorge bereitet Wollseifer und den 1 Million Handwerksbetrieben in Deutschland, dass bereits heute in vielen Handwerksberufen mehr Fachkräfte gebraucht werden und Kunden lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Laut Verband fehlen ca. 250.000 Fachkräfte im Handwerk – auch, weil jährlich rund 20.000 Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, was den zukünftigen Fachkräftemangel verstärke.
Gute Zukunftsperspektiven im Handwerk
Dabei sehen die Verbände die Zukunftschancen für junge Leute im Handwerk als sehr gut an: Eine ungebrochen hohe Nachfrage, eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote als in den meisten akademischen Berufen sowie die vielen Möglichkeiten, sich selbstständig zu machen oder einen etablierten Betrieb zu übernehmen. Zudem nennen die Verbände gute Verdienstmöglichkeiten, die denen von Hochschulabsolventen nicht nachstehen sollen. Trotzdem fänden immer weniger junge Menschen den Weg ins Handwerk.
Fehlende Wertschätzung für das Handwerk
Die Verbände führen die Ergebnisse einer Forsa-Studie aus dem Herbst 2021 an, nach der 93 % der befragten Deutschen angaben, dass Handwerk für sie persönlich sehr wichtig sei, und über 80 % dem Handwerk dem Handwerk sichere Arbeitsplätze und gute Zukunftschance zuschrieben. Gleichzeitig schätzten aber nur 36 % der Befragten das Ansehen des Handwerks als hoch ein.
Kampagne für ein Umdenken – für die Zukunft des Landes und des Handwerks
Dass hier etwas nicht stimmt, will das Handwerk daher mit der aktuellen Kommunikationsoffensive deutlich machen und eine Gesellschaft zum Umdenken aufrufen, die jahrzehntelang Wissen über Können gestellt habe. »Es muss endlich in den Köpfen ankommen, dass eine berufliche Ausbildung genauso viel wert ist wie eine akademische«, fordert Wollseifer. »Damit die berufliche Ausbildung attraktiv bleibt, müssen die Berufe Wertschätzung erfahren. Die Menschen, die sie ausüben, müssen spüren, wie wichtig sie für die Zukunft des Landes sind. Wenn wir die Fachkräftelücke nicht schließen, vergeben wir uns, unseren Kindern und unserem Land eine große Chance.«
Eine Aufforderung an Politik, Schulen und Eltern sowie die ganze Gesellschaft
Damit sich wieder mehr junge Menschen für das Handwerk entschieden, brauche es ein Umdenken auf breiter Ebene, das sei das Ziel der Kampagne:
- Die Politik müsse die berufliche Bildung gleichwertig zur akademischen Bildung anerkennen und fördern.
- In den Schulen gelte es, auch wieder praktische Fertigkeiten zu fördern und im Rahmen der Berufsorientierung die Karrieremöglichkeiten im dualen Bildungssystem als echte Alternative zum Studium aufzuzeigen.
- Die Eltern sollten ihren Kindern die Möglichkeit geben, ihre Interessen und Stärken frei zu entfalten und geistige wie manuelle Fähigkeiten gleichermaßen fördern.
Handwerk liege in der Natur der Menschen, daher müsse es gelingen, dass wieder mehr Menschen es auch zum Beruf machen.
Die Kampagne läuft für mehrere Wochen und beinhaltet TV-Spots (Link zum Youtube-Kanal des Handwerks), Motive im Internet/sozialen Medien (z. B. auf Twitter) und ist auch deutschlandweit auf Großplakaten zu sehen. [pm]