Die digitalen Weichen für die Zukunft stellen
Redner aus Wissenschaft und Industrie gaben beim Tag der Industriekommunikation, dem Branchenevent des Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) einen Ausblick in die Zukunft des Marketings.
Der künstlichen Intelligenz (KI) begegnen wir heute auf Schrit und Tritt: Computersysteme, die kognitive Tätigkeiten ausführen, von denen wir bisher dachten, dass nur Menschen dazu fähig sind. Dabei kann KI diese Aufgaben oft bereits besser und schneller lösen als der Mensch, weshalb KI-Lösungen den Unternehmen auch viele Chancen bieten. »KI hilft, große Datenmengen besser zu nutzen, Kunden personalisierter anzusprechen, Prozesse zu automatisieren, Feedback in Echtzeit auszuwerten und schneller zu agieren«, so Reinhard Karger, Unternehmenssprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in seinem Impulsvortrag.
Bei der Veranstaltung skizzierten Trendforscher, Wissenschaftler und Experten aus der Praxis die Megatrends im Marketing. Unter dem Motto »B2B-Marketing der Zukunft: virtuell – künstlich – menschlich« ging es dabei nicht nur um künstliche Intelligenz, sondern auch darum, wie sich Unternehmen auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten können, welche Erkenntnisse der Hirnforschung für das Marketing nützlich sind und in welchem Zusammenhang die Digitalisierung mit globalen Problemen wie Migration und Klimawandel steht.
Der digitale Wandel
Den Sprung in die neue, digitale Welt schaffen nur »Superhelden«, behauptete Marketingvisionär Dietmar
Dahmen und lieferte gleich Hinweise, wie man zu einem solchen Superhelden werden könne: »Handeln Sie entschlossen, lassen Sie sich auch von Widerständen nicht entmutigen, und geben Sie alte Gewohnheiten auf, damit das Neue gelebt werden kann.« Auch Dr. Salima Douven, die bei Henkel im Bereich Digital Strategy & Operations an der digitalen Transformation des Konzerns arbeitet, riet den Teilnehmern, nicht lange zu zögern: »Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden. Was den digitalen Wandel aber erleichtert, sind Agilität, Offenheit und Schnelligkeit im täglichen Arbeiten.« Erik Snoeijen, Director Corporate Marketing bei Bosch Rexroth, ergänzte, dass sich auch Traditionsmarken neu aufstellen müssen und formulierte provokant: »Wer sich nicht verändert, verliert.«
Killerapplikationen für das Marketing
Wie Marketingentscheider von KI-Technologien profitieren, zeigte Sven Krüger, Chief Marketing Officer von T-Systems International, und nannte mit Programmatic Ads, Textgeneratoren und Marketing-Automation-Tools einige Bereiche, wo KI schon heute im Einsatz ist. Das größte Potenzial sieht Krüger in Sprachassistenten und Chatbots: Chatbots seien die Killerapplikation für Marketing und Kundenservice. Schließlich sei jedes Geschäft immer auch ein Dialog. Chatbots böten die Möglichkeit, diesen Dialog strategisch zu nutzen und den Kunden wirklich in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu stellen. Krüger ist überzeugt, dass in Zukunft jede Interaktion mit einem virtuellen Agenten beginnen wird.
Alissia Quaintance, Expertin für digitale Innovation und Gründerin von IQ Gemini, stellte dem VR- und AR-Anwendungen gegenüber, die es ermöglichen, Menschen nicht nur auf kognitiver Ebene, sondern über Emotionen anzusprechen: »Mithilfe von VR- und AR-Anwendungen können Nutzer Produkte über die Sinne erleben. Dadurch prägen sich beispielsweise Produktfunktionen besser ein.« VR-Anwendungen dürften aber den Nutzer nicht mit Informationen oder Sprachbefehlen überladen. »Es geht darum, das Spielerische und Unterbewusste zu fördern und so Lust zu machen auf die Realität.«
Emotional und menschlich
»In der digitalen Welt verändert sich alles sehr schnell: Produkte, Prozesse, die Art wie wir arbeiten und kommunizieren. Was sich nicht verändert, ist das menschliche Gehirn mit seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten.« Darauf wies Dr. Hans-Georg Häusel, Vordenker im Neuromarketing und einer der führenden Hirnforschungsexperten, in seinem Vortrag hin. Er erklärte, dass 70% bis 80% aller Entscheidungen unterbewusst auf Basis von Emotionen und Werten getroffen werden. Das sollten Marketingentscheider bedenken, wenn sie ihre Kunden analog und digital begeistern wollen. Häusel appellierte, den menschlichen Aspekt nicht zu vernachlässigen: »Die wenigen Kontakte, die wir mit Kunden haben, sollten wir möglichst intensiv und emotional gestalten – nicht nur digital. Kämpfen Sie um die verbleibenden persönlichen Kontakte!« Zum Abschluss der Konferenz ließ Dr. Franz-Josef Radermacher, Professor für Datenbanken und Künstliche Intelligenz an der Universität Ulm, auch kritische Töne in Bezug auf die Digitalisierung anklingen: »Ich warne davor, sich in Panik versetzen zu lassen, wenn alle sagen: ›Wir müssen schnell digitalisieren, sonst gibt es uns bald nicht mehr.‹ Die Digitalisierung eröffnet viele Chancen. Aber man sollte auch nicht zu viel Hoffnung in sie setzen.«
Blick über den Tellerrand
»Der Tag der Industriekommunikation ist unser jährliches Leuchtturm-Event für die B2B-Branche. Er öffnet
den Kopf für die neuen Herausforderungen und bietet Inspirationen, um sich für den digitalen Wandel zu rüsten. Neue Trends wie künstliche Intelligenz, Automatisierung und die Vermischung von virtueller und realer Welt werden den Marketingalltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Darauf müssen Marketer vorbereitet sein,« resümmierte Kai Halter, Vorstandsvorsitzender des bvik. [via Pressebox]